Helligkeit, ich, Blume, Wasser
Da ist keine Wolke.
Da ist kein Wind.
Ich setze mich an den Rand des Wasserbeckens:
Kreisen der Fische, Helligkeit, ich, Blume, Wasser.
Reinheit der Ähre des Lebens.
Meine Mutter pflückt Basilikum.
Brot und Basilikum und Käse, ein Himmel ohne Wolke, feuchte Atlasblumen.
Gesegnetsein ist nebenan: zwischen den Blumen des Hofs.
Das Licht im Kupferbecken: was für ein Streicheln da rieselt!
Die Leiter über die hohe Mauer, sie bringt den Morgen auf die Erde.
Hinter einem Lächeln versteckt sich ein jedes.
Einen Spalt hat die Mauer der Zeit, durch diesen - ist mein Antlitz zu entdecken.
Es gibt Dinge, die weiß ich nicht.
Ich weiß, wenn ich etwas Grünes ausreiße, werde ich sterben.
Ich gehe nach oben bis zum höchsten Punkt, ich bin voll von Flügel und Feder.
Den Weg sehe ich in der Finsternis, ich bin voller Laternen.
Ich bin voll von Licht und Sand,
und voll von Medizin und Baum.
Voll bin ich von Weg, von Brücke, von Fluss, von Welle.
Voll bin ich vom Schatten eines Blattes im Wasser:
Wie mein Innerstes allein ist.
(Sohrab Sepehri)
An sich selbst
Sei dennoch unverzagt, gib dennoch unverloren,
Weich keinem Glücke nicht, steh höher als der Neid,
Vergnüge dich an dir und acht es für kein Leid,
Hat sich gleich wider dich Glück, Ort und Zeit verschworen.
Was dich betrübt und labt, halt alles für erkoren,
Nimm dein Verhängnis an, lass alles unbereut.
Tu, was getan muß sein, eh man dir's gebeut.
Was du noch hoffen kannst, das wird noch stets geboren.
Was klagt, was lobt man doch?
Sein Unglück und sein Glücke
Ist sich ein jeder selbst. Schau alle Sachen an,
Dies alles ist in dir. Laß deinen eitlen Wahn,
Und eh du vorwärts gehst, so geh in dich zurücke.
Wer sein selbst Meister ist und sich beherrschen kann,
Dem ist die weite Welt und alles untertan.
Paul Fleming 1609 - 1640
Davids Harfenspiel scheint zu sprechen: „Sei nicht traurig. Quäle Dich nicht nutzlos. Sei sanft und nicht zornig. Blicke nicht so wild, denn es steht kein Feind vor Dir. Die Welt ist gut. Irgendeinen Kummer haben wir alle. Diesem fehlt dieses, jenem jenes. Wir brauchen deswegen nicht zu zürnen. Weine lieber, statt zu grollen, das ist für Dich und für alle anderen schöner….
Gram ist unschön, und Zorn ist zu wenig groß. Wenn Dich etwas plagt, türme es nicht zum Turm, zum unersteiglichen Block auf. Alle sind geplagt; nur tun die, die es mit Welt und Menschen gut meinen, so, als merkten sie nicht viel davon. .. Auch die Mächtigen dürfen nicht vergessen, dass sie machtlos sind, weil sie Menschen sind. Tausendmal schöner als Leben ist: für andere leben, oder sehen, wie andere leben.
Man muss Geduld haben denn auf ihr ruht alles. Wer sich mit sich selbst aussöhnt verbündet sich mit allen anderen, und dann gibt es keinen Gegner mehr. Wenn alle sich mit sich selbst verständigt haben, so hat niemand mehr einen Gegner. Dann ist alles versöhnt und der Friede ist gesichert. Es gibt nur einen einzigen Feind, der ist überall und nirgends...
Doch wird ihn jeder bekämpfen und besiegen lernen, der die Pflicht fühlt, mit sich selbst zu kämpfen. Außer uns gibt es nichts Feindliches für uns…
(Robert Walser: Saul und David)